Über
hundert Menschen kamen am Mittwoch, dem 12. November, im Bremer DGB-Haus
zusammen, um sich in Theorie und Praxis über gesundheitsförderliche
Aktivitäten in Call-Centern zu informieren. Eingeladen hatten die
Call-Center-Projekte in ver.di und die TBS der Arbeitnehmerkammer
Bremen. Gekommen sind Betriebs- und Personalräte aus ganz Deutschland
und interessierte Call-Center-Beschäftigte aus der Region, dazu
ExpertInnen zum betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie
Praktiker zum richtigen Sehen, Hören und Sprechen am
Call-Center-Arbeitsplatz.
"Die
Euphorie in der Branche, Call-Center als der Arbeitsplatzbeschaffer der
Zukunft, ist vorbei," sagte die Leiterin des
ver.di-Call-Center-Projekts Niedersachsen-Bremen, Kornelia Knieper,
"was bleibt sind hochbelastende Tätigkeiten, bei denen die Agents
an den Telefonen stets freundlich mit dem Kunden, aber effektiv fürs
Unternehmen arbeiten sollen." Call-Center-Agent ist ein Beruf mit
überdurchschnittlichen Belastungen. Gefordert sind Augen, Ohren und
Stimme, der Bewegungsspielraum ist eingeschränkt, an den Bildschirmen
und Headsets werden hohe Konzentrationsleistungen abverlangt und dazu
kommen noch die emotionalen Belastungen eines Kundenservice am
laufenden Band.
Entlastung
tut also Not, wenn Call-Center-Agenten nicht vorzeitig verschlissen
werden sollen. "Untersuchungen zur Belastung in Call-Centern gibt
es viele," erläuterte Gerd Schweizer von der TBS der
Arbeitnehmerkammer Bremen, "worauf es aber ankommt ist, diese
Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, - und das bieten wir hier auf der
Tagung." Die eingeladenen Expertinnen boten den Teilnehmern in der
Tat einen bunten Strauß von Maßnahmen und Übungen, um im
Arbeitsalltag Entlastung zu schaffen. Den Teilnehmern wurde gezeigt,
dass dies möglich ist - und das oftmals einfach und trotzdem effektiv.
Aber man muss den Beschäftigten die Anregungen und die Einsicht in
die Nützlichkeit lebendig vermitteln. Und schließlich muss ihnen dafür
Spielraum und Zeit gegeben werden.
Klaus-Jürgen
Drick, Projektleiter "fidi.direct in ver.di", äußerte sich
skeptisch über die Bereitschaft der Arbeitgeber, den Belastungen
gezielt durch gesundheitsförderliche Maßnahmen zu begegnen. "In
der Branche herrscht eine technisch gestützte Antreibermentalität vor,
da wird das Wohl der Mitarbeiter gerne hinten angestellt." Dabei
sind die Nutznießer einer gesundheitsförderlichen
Arbeitsplatzgestaltung auch die Arbeitgeber selber. Denn - und auch das
wurde auf der Tagung aufgezeigt - fitte und motivierte MitarbeiterInnen
arbeiten qualitativ besser und effektiver. Die Tagung hat dafür den
Betriebs- und Personalräten zahlreiche Argumente mitgegeben. Eine
Umkehr der Call-Center-Betreiber ist also nicht nur nötig, sondern auch
möglich.